Interview mit Benedict Kober, Sprecher des Vorstandes der EURONICS Deutschland eG mit Michael Neißendorfer (SZ)
EURONICS gehört zu den größten Elektronikhändlern in Deutschland. Europaweit ist das Unternehmen EURONICS International mit 8500 Standorten in 35 Ländern sogar die größte Verbundgruppe der Branche. Im Interview erklärt Benedict Kober, Vorstandssprecher von EURONICS Deutschland, wie das Geschäft mit Elektrogeräten für Händler und Kunden nachhaltiger werden soll, wie man in Zeiten hoher Strompreise am besten Strom sparen kann – und wie der ungewöhnliche Schritt ankam, in den Ladengeschäften auch E-Autos zu verkaufen.
„Wir [sehen] die Initiative als eine sehr sinnvolle Ergänzung für unsere Endverbraucher-Kommunikation [..] „
Zitat: Benedict Kober | Sprecher des Vorstandes der EURONICS Deutschland eG
SZ: Die IFA 2022 stand, bei aller Innovationsfreude der Elektronik-Hersteller, ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit. Sie hatten für Ihre Verbundgruppe im Rahmen der Initiative „EURONICS 2025“ schon im Jahr 2020 das nachhaltige Handeln als einen zukunftsweisenden Grundpfeiler formuliert. Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, den CO2 Fussabdruck zu minimieren?
Benedict Kober: Im gesamten Nachhaltigkeitskomplex decken wir viele verschiedene Felder ab, insgesamt sind es gut 20 Ansatzpunkte, die wir für ein nachhaltigeres Handeln angehen. Diese haben, jeder für sich isoliert betrachtet, bereits positive Klimaauswirkungen. Aber es gibt auch viele Schnittstellen, an denen sich Einzelmaßnahmen ergänzen und als großes Ganzes noch mehr bewirken können. Früh angefangen haben wir in unserer Zentrale, wo wir zum Beispiel eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach und Ladestationen für Elektroautos installiert haben. Zudem setzen wir in der Kantine verstärkt auf regionale und saisonale Produkte, sparen Verpackungs- und Verbrauchsmaterialien ein und haben auch die Beleuchtung auf Energiesparlampen umgerüstet.
Also quasi der Nachhaltigkeits-Rundumschlag, den viele Unternehmen bereits umgesetzt haben.
Genau. EURONICS hat auch schon weit vor den Klimadiskussionen damit begonnen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das Jobticket für den ÖPNV zu bezahlen. Ich kenne das gar nicht anders und bin schon seit 27 Jahren im Unternehmen. Aber wer mit dem Auto kommt, muss seinen Sprit selber bezahlen.
EURONICS ist ja weitaus größer, Sie sind allein in Deutschland an rund 1300 Standorten vertreten.
Wir unterstützen auch unsere Fachhändler und Fachmärkte aktiv in Sachen Nachhaltigkeit. Dafür haben wir eigens zwei Mitarbeiter zu Klimaprofis ausbilden lassen, die unseren Partnern nun bei allen Fragen und Projekten rund um den Klimaschutz zur Verfügung stehen. Auch hier geht es oft um Photovoltaik, schließlich können die meisten Fachmärkte riesige Dachflächen nutzen, um Sonnenenergie einzufangen.
Seit einigen Jahren findet parallel zur IFA in Berlin die SHIFT Mobility statt, die sich mit der Zukunft unserer Mobilität auseinandersetzt. Auch in diesem Bereich sind Sie mit EURONICS aktiv: Man kann seit zwei Jahren bei ausgewählten Händlern E-Autos der Marke Aiways erwerben. Welche Erfahrungen haben Sie sammeln können?
Am Anfang wurden wir neugierig beäugt. Ein Elektronikhändler, der Autos verkauft, das war neu. Aber unsere Überzeugung war, dass ein E-Auto in letzter Konsequenz ein Computer auf Rädern ist. Mit einer großen Batterie, mit vielen Apps im Infotainment-System und mit der Art und Weise, wie man im Auto mit Informationen versorgt wird, etwa für die Routenplanung. Alles Dinge, mit denen wir als Elektronik-Experten bereits bestens vertraut sind. Ein Vorteil für uns war, dass Aiways Mitte 2020 neu auf den Markt kam und bislang in Deutschland unbekannt war. Das hat viele Interessenten angezogen. So konnten wir über diesen Weg auch viele Neukunden für unsere Geschäfte gewinnen – sowohl für das E-Auto an sich als auch für unser klassisches Geschäft als Elektronikhändler.
EURONICS hat vor einigen Monaten das Nachhaltigkeits-Projekt „Aufforsten für das beste Zuhause der Welt“ gestartet. Was ist die Idee dahinter – und wie viele Bäume haben Sie schon gepflanzt?
Wir haben 10.000 Bäume gepflanzt und damit unser Ziel erreicht. Wir wollten mit dem dadurch entstandenen Wald einen sichtbaren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Damit ein Baum seinen Klimanutzen voll entfalten kann, muss er aber mindestens 100 Jahre lang wachsen dürfen. Das ist bei unserem Projekt gewährleistet, der EURONICS Wald in Lüdenscheid wird stehen bleiben. Wir werden dort auch einen Waldlehrpfad errichten und können auf ein kleines Blockhaus für Events zurückgreifen.
Sie sind mit einem Tiny House durch Deutschland getourt. Das kleine, smarte Zuhause wurde als Statement für Nachhaltigkeit präsentiert. Wie kam das nur 16 Quadratmeter große Wohnhaus auf Rädern bislang an?
Im EURONICS Tiny House ist wirklich alles drin, was man für ein nachhaltiges Leben braucht: Eine PV-Anlage, ein stationärer Energiespeicher, eine Wallbox für das E-Auto, energieeffiziente Haushaltsgeräte und eine Smart-Home-Steuerung. Vielen Interessenten geht es vorrangig aber gar nicht um die Kosten, sondern darum, ein Zeichen zu setzen für die Nachhaltigkeit und einen bewussteren Umgang mit Ressourcen. Mit dem EURONICS Tiny House als mobiler Showroom können wir aufzeigen, wie ressourcenschonendes Leben im eigenen Zuhause – egal ob auf 16 oder 250 Quadratmetern – möglich ist. Bei unseren Kunden ist die Aktion bisher sehr gut angekommen und es besteht großes Interesse an den Produkten und unseren Services.
Kein anderes Thema bewegt uns alle derzeit wie die Energieversorgung. Welche Möglichkeiten haben die Verbraucherinnen und Verbraucher aus Sicht der Elektronikhändler, bei Geräten im Haushalt den Stromverbrauch und damit Kosten zu reduzieren?
Ältere Haushaltsgeräte können ein richtiger Stromfresser sein. Hier kann man ansetzen. Ersetzt ein Kunde zum Beispiel einen zwölf Jahre alten Trockner gegen ein energieeffizienteres Gerät, so kann sich diese Anschaffung allein durch die Einsparung bei den Stromkosten schon nach vier bis fünf Jahren amortisieren.
Wir wollen Kunden, denen es vorrangig um die Kosten und die Nachhaltigkeit geht, künftig noch weitere Angebote unterbreiten. So werden wir etwa Refurbished-Geräte, also gebrauchte Geräte, die generalüberholt und mit neuester Technik aufgerüstet wurden, zum Verkauf anbieten. Dadurch wollen wir unseren Teil dazu leisten, dass die Mengen an Elektroschrott weniger werden. Schließlich ist jedes Gerät, das nicht weggeworfen wird, ein Beitrag zum Umweltschutz. Außerdem planen wir Abo-Modelle. Mietgeräte dürften etwa für Studierende oder Menschen mit Zeitverträgen besonders interessant sein. Auch das ist ein Beitrag, um effizient mit Ressourcen umzugehen.
Hilfreich fände ich persönlich Anreize seitens der Politik, um Haushalte aktiv zum Umstieg auf energieeffiziente Geräte zu bewegen. Schließlich heißt es, dass die privaten Haushalte ebenso ihren Beitrag zum Stromsparen leisten müssen. Eine Art Abwrackprämie für nicht energieeffiziente Haushaltsgeräte könnte hierbei viel bewirken. Denn ein 15 Jahre alter Kühlschrank etwa, auch wenn er noch funktioniert, ist ein stromintensives kleines Kraftwerk. Vorstellen könnte ich mir auch eine Art Energiesparbonus, wenn ein Kunde zum etwas teureren, dafür aber effizienteren Gerät greift. Mit Initiativen wie diesen könnte man unglaublich viel erreichen.
Eine Frage in eigener Sache: Mit dem Gütesiegel „Deutschland Favorit“ haben wir vom SZ-Institut, zusammen mit Statista, erstmalig eine Auszeichnung für sechs verschiedene Konsumgüter-Kategorien aufgelegt, die sich ausschließlich auf die Erfahrung tausender Leser und Online-Nutzer stützt und von unabhängigen Branchenexperten begleitet wird. Die ersten Auszeichnungen im Bereich Elektronik konnten wir in Berlin auf der IFA verleihen. Wie setzen Sie das „Deutschland Favorit“-Siegel am POS, also in den EURONICS-Geschäften, ein?
Die Maßnahmen zur Umsetzung des Gütesiegels laufen derzeit an und wir werden in Kürze damit starten. Mehr kann ich dazu noch nicht sagen. Außer dass wir die Initiative als eine sehr sinnvolle Ergänzung für unsere Endverbraucher-Kommunikation sehen.